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Wie schlägt sich die SwissCovid-App im Vergleich zur deutschen Corona-Warn-App

Nachdem letzte Woche die deutsche Corona-Warn-App veröffentlicht wurde, gibt es nun auch ein Schweizer Pendant - die SwissCovid-App. Im folgenden Artikel vergleicht Simon Harder die beiden Apps in einem "noch schnelleren und schmutzigeren" UX/Usability-Review miteinander. Und es scheint, dass die Schweizer unseren letzten Artikel über die deutsche App gelesen haben...

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Mein Kollege Jan Panhoff hat vor einigen Tagen eine "quick and dirty" UX Review der deutschen Corona App und es scheint als hätten die Schweizer sie gelesen. In seinem Beitrag kam Jan zu einem überwiegend positiven Urteil, wies aber auch auf ein paar Probleme in Bezug auf die Verständlichkeit hin. Daher möchte ich hier einen kurzen Check machen, was in der SwissCovid-App anders - und möglicherweise besser - ist.

 

App Setup

Einer von Jans Hauptvorschlägen war, dass die Informationen zur Funktionsweise der App einfacher zu lesen und zu verstehen sein sollten, z. B. durch Aufzählungspunkte und Icons. Hier kommt die SwissCovid-App ins Spiel: mit kurzen Sätzen und entsprechenden Icons, die den Inhalt in mundgerechte Informationsstücke unterteilen. Ich kann mir vorstellen, dass dies mehr oder weniger genau das war, was Jan im Sinn hatte!

 

 

Allerdings kann die Reduzierung der Informationsmenge natürlich zu Fragen führen, z.B. fragen sich einige Android-Nutzer im Google Play Store, warum sie GPS aktivieren müssen, obwohl die App angibt, dass sie kein GPS verwendet (dafür gibt es tatsächlich einen Grund).

Bei den Sprachen scheint die Schweizer App deutlich mehr zu bieten als die deutsche App (11 vs. 2), womit ein wichtiger Kritikpunkt angesprochen wird. Und um die Sprache zu ändern, muss man nicht die Sprache des Telefons ändern, zumindest auf einem iPhone.

 

App Nutzung

Auf dem Hauptbildschirm der App wird deutlich, dass die Entwickler Jans Post wirklich gelesen haben 😉 Sein Hauptanliegen war, dass die Nutzer unsicher sein könnten, ob die App im Hintergrund aktiv bleibt - und das kommuniziert die SwissCovid-App gleich ganz oben.

 

Persönlich bin ich auch froh, dass sie sich für ein einfaches Häkchen entschieden haben, um anzuzeigen, dass die App aktiv ist - ich kann immer noch nicht herausfinden, warum die deutschen Entwickler sich für ein nicht standardisiertes Statussymbol entschieden haben, auf das ich jedes Mal tippen muss, um sicher zu gehen, dass ich es richtig verstehe.

Ansonsten sind die Apps ähnlich aufgebaut, wobei ich es schätze, dass die deutsche App ein paar mehr Details liefert, wie z. B. das letzte Mal, als die App-Daten aktualisiert wurden. Außerdem kommuniziert sie die Anzahl der Tage, die ich die App bereits nutze, was eine leichte positive Verstärkung darstellt, um sie weiterhin zu nutzen.


An der SwissCovid-App gefällt mir, dass sie nicht nur das Bedürfnis des Nutzers "Ich bin getestet worden, was nun?" anspricht, sondern auch den Schritt davor: "Was tue ich, wenn ich Symptome habe?" Letzteres scheint in der deutschen App zu fehlen, zumindest ist es nicht so prominent.

 

Fazit

Der ausgiebige Beta-Test von SwissCovid scheint sich auszuzahlen: Die App macht zwar im Grunde das Gleiche wie die deutsche App, geht aber etwas mehr auf die potentiellen Bedürfnisse und Fragen der Nutzer ein, und zwar auf eine Art und Weise, die für die meisten Menschen leicht verdaulich ist. Die Tatsache, dass Jan einige dieser Verbesserungen bereits in seinem Review der deutschen Corona-Warn-App besprochen hat, zeigt, dass auch ein sehr schnelles Experten-Review wichtige Nutzerbedürfnisse hervorheben und die Akzeptanz und Beibehaltung einer App unterstützen kann.


Nun wird die Hauptaufgabe darin bestehen, die länderspezifischen Apps dazu zu bringen, miteinander zu sprechen...

Autor

Simon Harder

Simon ist seit 2011 UX-Experte, nachdem er seine Diplomarbeit in Psychologie über die Entwicklung des UX-Score-Messinstruments abgeschlossen hatte. Seitdem hat er für SirValUse und GfK gearbeitet, bis er 2018 uintent mitgründete. Als UX-Consultant hat er viele internationale Projekte durchgeführt, darunter mehrere Feldphasen in China. Er leitete auch mehrere summative Studien zur quantitativen Messung der User Experience von HMIs. Darunter waren auch eine Reihe von Automotive-Studien, z. B. mit aufgabenbasierten Interviews oder Okklusionstests. Bei uintent konzentriert sich Simon auf UX-Forschung, qualitativ und quantitativ.

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