TOUCHSCREENS, USER EXPERIENCE, UX FAILS

Wieso ich Touchscreens hasse

Frage: Was haben Öfen und Autos gemeinsam?
Antwort: Früher hatten sie Knöpfe und waren einfach zu bedienen. Jetzt haben sie Touchscreens.

Jahrzehntelang wurden Dinge so gestaltet, dass sie einfach waren: Der Backofen hatte einen Knopf und man schaltete ihn ein und er heizte. Jetzt hat er eine Schnittstelle, Menüs, Scroll-Listen usw. Versteht mich nicht falsch, Touchscreens sind nicht unbedingt schlecht. Ihre Nützlichkeit hängt vom Kontext der Nutzung ab. Diejenigen, die sich an "mobiles Internet" (die Anführungszeichen sind notwendig) auf Feature Phones erinnern, wissen, wovon ich spreche. Ein Telefon mit einem Touchscreen ist eine gute Sache. Das bedeutet nicht, dass ein Touchscreen für alles eine gute Sache ist.

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Es ist schwer zu widerstehen, die neueste Technologie in Produkte einzubauen, aber es sollte nur getan werden, wenn es die User Experience verbessert.

Einige Gründe, warum man es sich zweimal überlegen sollte, bevor man entscheidet, ob ein Touchscreen die richtige Technologie für Ihre Oberfläche ist:

  • Man kann einen Touchscreen nicht fühlen. In einem Auto kann man einen Heizungsregler finden und bedienen, ohne die Augen von der Straße zu nehmen. Einige Hersteller haben diese harten Tasten und Drehregler durch Touchscreens ersetzt - und damit ein Komfort- und Sicherheitsmerkmal verloren.
  • Touchscreens erfordern eine präzise Hand-Augen-Koordination, um die gewünschte Auswahl zu treffen. Versucht einmal, mit Ofenhandschuhen die Temperatur an einem Touchscreen zu senken. Auch ist eine grobe Eingabe (z. B. erhöhte Hitze) oft wichtiger als eine exakte Ausgabe (21° Celsius vs. 21,5°).
  • Touchscreens werden schmutzig (besonders bei einem Backofen). Wenn man sie nicht reinigt, können unerwünschte Aktionen ausgeführt werden, aber in manchen Fällen funktionieren sie nicht mehr richtig.
  • Umwelteinflüsse (z. B. reflektierendes Sonnenlicht oder Kälte) schränken die Funktionalität eines Touchscreens ein, entweder weil man ihn nicht mehr lesen kann oder er nicht mehr auf Eingaben reagiert. Kein Scherz: Wir haben Autos mit Touchscreen getestet, in denen es nicht möglich war, die Heizung einzuschalten, wenn es kalt war! Im Gegensatz dazu interessieren eine harte Taste diese Bedingungen gar nicht.
  • Physikalische Tasten oder Schieberegler reagieren sofort. Touchscreens sind von der Rechenleistung des Geräts abhängig, um die richtige Taste zum richtigen Zeitpunkt anzuzeigen (was gelegentlich dazu führen kann, dass man den Bildschirm mehrfach drücken muss, um eine Reaktion hervorzurufen, was oft zu einem unerwünschten Ergebnis führt).
  • Das fehlende haptische Feedback vieler Touchscreens (mit Ausnahme der neuesten Telefone) wird oft durch ein auditives Feedback ersetzt. Oh, wie sehr wir piepsende Geräte lieben!
  • Touchscreens führen zu Feature Creep. Die Fähigkeit des Prozessors in Kombination mit einem Touchscreen verleitet die Entwickler dazu, die Geräte mit Optionen zu überladen, nur weil es möglich ist. Das erhöht die Komplexität der Benutzeroberfläche, was sich in der Regel negativ auf die User Experience auswirkt.


Und, nein, ich hasse Touchscreens nicht wirklich. Sie sind großartig, wo sie Sinn machen. Aber leider darf der "Sinn" die Entscheidung für das Produktdesign nicht beeinflussen. Ich für meinen Teil bin froh, dass Flugzeugcockpits immer noch auf harte Tasten setzen!

 


Sehen Sie sich auch unser Video an, in dem drei unserer UX-Experten daran scheitern, unseren neuen Ofen im Büro zu bedienen:

Unsere UX Experten versuchen einen Herd anzuschalten...

 

 

Autor

Felix Vollmuth

Felix hat einen Bachelor-Abschluss in Bibliotheks- und Informationsmanagement und arbeitet seit 2009 im Bereich UX. Im Laufe der Jahre hat er eine breite Palette von Forschungsmethoden für verschiedene Branchen eingesetzt, u. a. Gesundheitswesen, Telekommunikation und Software; mit einem Schwerpunkt auf formativen und summativen medizinischen Studien. Er verfügt über fundierte Kenntnisse der Industriestandards und -vorschriften (z. B. AAMI HE75, IEC 62366 und EU MDR) und koordiniert & führt gerne länderübergreifende Studien und qualitative Langzeitforschung durch.

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