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Ersetzt KI UX Jobs? Was eine Studie mit 200.000 KI-Konversationen wirklich zeigt
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18. Dez. 2025
Ersetzt KI UX Jobs? Diese Frage begegnet mir aktuell in fast jedem Gespräch mit UX-Teams, Research-Leads und Entscheider:innen. Manchmal offen gestellt, manchmal eher als unterschwellige Sorge: „Brauchen wir UX in zwei Jahren überhaupt noch in diesem Umfang?“
Fast 40 % der Amerikaner:innen nutzen bereits generative KI im Arbeitsalltag, schneller als PC und Internet in ihren Anfangsjahren. Dass das auch im UX-Kontext Unruhe auslöst, ist nachvollziehbar.
Anstatt zu spekulieren, schauen wir uns echte Daten an. Microsoft Research hat 200.000 anonymisierte Gespräche zwischen Nutzer:innen und Bing Copilot aus dem Jahr 2024 ausgewertet, die bisher umfassendste Analyse, wie Menschen KI tatsächlich bei der Arbeit einsetzen. Die Ergebnisse geben uns einen realistischen Blick darauf, wo UX AI bereits funktioniert und wo Menschen unersetzbar bleiben.
Ich zeige Dir:
welche UX-Aufgaben KI heute gut unterstützt,
wo sie klar an Grenzen stößt,
und warum die Frage weniger „Job weg, oder nicht?“ lautet, sondern „Wie verändert sich UX-Arbeit?“.
📌 Das Wichtigste in Kürze
KI ersetzt keine UX Jobs, sondern automatisiert Teilaufgaben
Besonders stark: Dokumentation, Content und Desk Research
Deutlich schwach: visuelles Design, Analyse und Interpretation
Echter User Research bleibt menschlich
UX-Rollen verändern sich – sie verschwinden nicht
KI schafft Zeit für strategische und kreative Arbeit
Ersetzt KI UX Jobs wirklich?
Die kurze Antwort: Nein.
Die ehrliche Antwort: KI ersetzt Tätigkeiten, aber keine UX-Rollen als Ganzes.
Genau das zeigt die Studie sehr deutlich. UX besteht nicht aus einer einzelnen Aufgabe, sondern aus einem Bündel sehr unterschiedlicher Aktivitäten, von Recherche über Analyse bis hin zu Gestaltung, Kommunikation und Strategie. Und diese Aufgaben sind unterschiedlich gut automatisierbar.
Ein zentraler methodischer Kniff der Studie ist die Trennung zwischen:
User Goals: Was Nutzer:innen erreichen wollen
AI Actions: Was die KI tatsächlich leisten kann
Diese Unterscheidung ist entscheidend für die aktuelle Automatisierungsdebatte im UX-Bereich.
Warum diese Studie für UX besonders relevant ist
Die Studie basiert auf der Auswertung von neun Monaten realer KI-Nutzung (Microsoft Research, 2024). Jede Arbeitsaktivität wurde entlang von drei Dimensionen bewertet:
Wie häufig wird sie mit KI durchgeführt?
Wie oft wird sie erfolgreich abgeschlossen?
Wie zufrieden sind die Nutzer:innen mit dem Ergebnis?
Für UX ist das deshalb spannend, weil hier sichtbar wird, wo KI im Arbeitsalltag wirklich Mehrwert liefert und wo nicht.
Wo KI im UX-Alltag bereits überzeugt
Content & Dokumentation: klare Stärke
Alles, was mit Schreiben und Strukturieren zu tun hat, gehört zu den erfolgreichsten KI-Anwendungsfällen überhaupt. Das gilt auch, oder gerade, für UX.
KI unterstützt heute sehr gut bei:
Research-Reports und Ergebniszusammenfassungen
Personas, Proto-Personas und Hypothesenbeschreibungen
User Stories und Anforderungstexten
Design- und Research-Dokumentation
In meiner Arbeit als UX-Beraterin sehe ich häufig, dass Teams KI genau hier einsetzen: nicht als Autorität, sondern als erste Struktur. Die inhaltliche Verantwortung bleibt beim Menschen, aber der Dokumentationsaufwand sinkt deutlich.
Praxisbeispiel: Interview-Transkripte werden von KI vorab thematisch sortiert. Die Bewertung und Priorisierung übernimmt das Research-Team. Ergebnis: weniger Fleißarbeit, mehr Zeit fürs Denken.
Desk Research: KI als Beschleuniger
„Informationen aus verschiedenen Quellen sammeln“ gehört zu den häufigsten und erfolgreichsten KI-Aktivitäten in der Studie.
Für UX-Teams bedeutet das:
schnellere Markt- und Wettbewerbsanalysen
strukturierte Zusammenfassungen externer Studien
effizientere Vorbereitung von Research-Phasen
Wichtig ist die Einordnung: Das ist kein Ersatz für User Research, sondern eine sehr gute Unterstützung in der Vorarbeit.
Wo KI im UX-Bereich klar scheitert
So hilfreich KI bei vorbereitenden und dokumentierenden Aufgaben ist, bei einigen zentralen UX-Kompetenzen stößt sie sehr deutlich an Grenzen. Und zwar nicht, weil die Modelle „noch nicht gut genug“ wären, sondern weil diese Aufgaben mehr erfordern als Mustererkennung und Textgenerierung.
Gerade dort, wo Verstehen, Einordnen und Gestalten zusammenkommen, bleibt UX-Arbeit zutiefst menschlich.
Visuelles Design: Warum KI hier nicht überzeugt
In der Studie landen Aufgaben rund um visuelle Gestaltung am unteren Ende der Erfolgsskala. Nutzer:innen brechen diese Tasks häufiger ab und bewerten die Ergebnisse deutlich schlechter als bei textbasierten Tätigkeiten.
Das überrascht wenig: Gutes UX-Design ist kein Zusammenbauen von Screens, sondern das Übersetzen von Zielen, Kontext und Nutzungssituationen in konsistente Interaktion. Genau dieses Zusammenspiel fehlt KI bislang.
Typische Schwächen sind:
fehlende visuelle Hierarchien
inkonsistente Interaktionslogik
kein Verständnis für Designsysteme im Nutzungskontext
Gestaltung ohne klare Nutzer:innenintention
KI kann Varianten erzeugen, aber keine tragfähigen Interfaces entwickeln.
Datenanalyse & Interpretation: Zahlen sind nicht gleich Erkenntnisse
Auch bei Analyse-Tasks zeigt die Studie klare Grenzen. Tätigkeiten wie „Analyze business data“ oder „Process digital data“ schneiden überraschend schlecht ab – sowohl bei Completion als auch bei Nutzer:innenzufriedenheit.
Das Problem ist nicht das Rechnen, sondern das Verstehen. UX-Daten entfalten ihren Wert erst im Kontext: Zielgruppen, Produktreife, Nutzungssituation, organisatorische Rahmenbedingungen.
Typische Probleme:
Korrelationen ohne Erklärung
fehlende Hypothesenbildung
keine Priorisierung nach Wirkung
geringe Anschlussfähigkeit für Entscheidungen
Oder anders gesagt: KI liefert Zahlen, UX braucht Bedeutung.
Der Graubereich: Unterstützung ja, Ersatz nein
User Research: Desk vs. Field
KI funktioniert sehr gut bei vorbereitenden Research-Aufgaben:
Interviewleitfäden entwerfen
Transkripte strukturieren
Themen clustern und zusammenfassen
Aber echter User Research lebt von Beziehung, Empathie und situativem Nachfragen. Interviews führen, Körpersprache lesen oder Unsicherheiten erkennen, das bleibt menschlich.
Customer Journeys & UX-Strategie
Beim Customer Journey Management zeigt sich ein ähnliches Bild. KI hilft bei:
Dokumentation von Journeys
Zusammenfassungen von Touchpoints
Aufbereitung von Research-Ergebnissen
Was sie nicht leisten kann:
strategische Priorisierung
Stakeholder-Management
Abwägen von Zielkonflikten
Strategie ist kein Prompt-Problem.
Was das für UX-Jobs konkret bedeutet
Die Studie zeigt klar: Wir erleben Augmentation, keine Automation.
Für UX Designer:innen
KI reduziert Dokumentationsarbeit, aber ersetzt keine Gestaltungskompetenz. Visuelles Denken, konzeptionelle Klarheit und Nutzer:innenzentrierung bleiben Kernfähigkeiten.
Für UX Researcher:innen
Desk Research wird schneller. Feldarbeit, Interpretation und Einordnung werden wichtiger, nicht weniger.
Für Entscheider:innen
UX-Budgets verlieren nicht an Relevanz. Aber Rollenprofile verändern sich. Qualität entsteht nicht automatisch durch KI.
FAQ
Ersetzt KI UX Jobs?
Nein. KI automatisiert Teilaufgaben, ersetzt aber keine UX-Rollen.
Kann KI User Research durchführen? Sie kann unterstützen, aber keine Interviews führen oder Empathie ersetzen.
Welche UX-Aufgaben sind am stärksten betroffen? Dokumentation, Content-Erstellung und Desk Research.
Sollten UX-Budgets gekürzt werden? Nein. Gute UX wird nicht automatisiert: sie wird effizienter.
Fazit
Ersetzt KI UX Jobs? Nein. Aber sie verändert, wie wir arbeiten.
UX-Fachleute, die KI gezielt einsetzen, gewinnen Zeit für das, was wirklich zählt: Verstehen, Gestalten, Entscheiden. Die menschlichen Kernkompetenzen werden nicht unwichtiger, sie werden sichtbarer.
Meine Empfehlung: Nutze KI dort, wo sie stark ist. Verlasse Dich auf Deine menschlichen Stärken, wo sie unersetzlich sind.
UX wird nicht weniger relevant. Nur erwachsener.
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Stand: Dezember 2025
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AUTHOR
Tara Bosenick
Tara ist seit 1999 als UX-Spezialistin tätig und hat die Branche in Deutschland auf Agenturseite mit aufgebaut und geprägt. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung neuer UX-Methoden, die Quantifizierung von UX und die Einführung von UX in Unternehmen.
Gleichzeitig war sie immer daran interessiert, in ihren Unternehmen eine möglichst „coole“ Unternehmenskultur zu entwickeln, in der Spaß, Leistung, Teamgeist und Kundenerfolg miteinander verknüpft sind. Seit mehreren Jahren unterstützt sie daher Führungskräfte und Unternehmen auf dem Weg zu mehr New Work / Agilität und einem besseren Mitarbeitererlebnis.
Sie ist eine der führenden Stimmen in der UX-, CX- und Employee Experience-Branche.













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