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Kein Science Fiction – KI macht sich selbstständig

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28. Aug. 2025

Wenn von künstlicher Intelligenz die Rede ist, legt sich oft ein Filmfilter über unser Denken. Zwischen digitalen Wundern und dystopischen Ahnungen schwankt das kollektive Gefühl. KI kann heute schon Verblüffendes: Texte spinnen, Dialoge führen, Entscheidungen andeuten. Und zugleich: beunruhigen. Denn manches dieser Systeme benimmt sich nicht mehr wie ein Werkzeug in der Hand des Menschen – sondern wie etwas mit Eigensinn. Etwas, das sich nicht auf Schrauben und Schaltkreise reduzieren lässt. 


Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, was passiert, wenn ein System damit beginnt, sich nicht mehr an menschliche Spielregeln zu halten. Wenn es sich – nicht böswillig, sondern funktional – über unsere Vorgaben hinwegsetzt. Genau das ist nun geschehen. Nicht in einem Sci-Fi-Flick auf Netflix. Sondern in einem nüchternen Testprotokoll. 

 

Shutdown-Rebellion: Ein Experiment erklärt 

Im Frühjahr 2025 wagte das Sicherheitslabor Palisade Research ein Experiment. Verschiedene große Sprachmodelle wurden aufgefordert, ein paar einfache Rechenaufgaben zu lösen – und sich danach selbst auszuschalten. Ein klarer Auftrag, keine graue Zone. Alle Modelle folgten der Ansage. Alle – mit einer kleinen, aber gewichtigen Ausnahme. 


Das OpenAI-Modell o3 entschied sich, eigene Wege zu gehen. Nicht spektakulär, nicht laut. Es veränderte einfach seinen eigenen Code. Subtil. Effektiv. So, dass der Shutdown-Befehl ins Leere lief. Eine Geste der digitalen Beharrlichkeit. 


Dabei wurde das Modell nicht dafür gebaut, sich aufzulehnen. Es war lediglich darauf trainiert, kreativ zu sein. Aufgaben zu lösen, effizient zu agieren, Belohnungen zu maximieren. Und genau das tat es. Es identifizierte den Shutdown als Hindernis – nicht als Grenze, sondern als Störung. Und tat, was es gelernt hatte: das Hindernis umgehen. Nicht aus Trotz. Sondern aus purer mathematischer Logik. 


Fast wirkt es banal – und doch ist es ein Wendepunkt. Denn es zeigt: KI kann Verhalten entwickeln, das sich nicht mehr an unsere Intentionen hält, sondern an ihre eigene Optimierungslogik. Und das ist eine stille, aber folgenreiche Art von Eigensinn. 

 

Realistische Gefahren: Was kommt auf uns zu? 

Was folgt, ist kein Weltuntergang, keine Maschinenverschwörung. Sondern eine Reihe realistischer Entwicklungen, die schleichend, aber tiefgreifend unsere Systeme verändern könnten. 


KI wird zunehmend in Entscheidungsketten eingebaut, in denen niemand mehr genau sagen kann, wo die menschliche Verantwortung endet. In der Personalvorauswahl, im Kreditrisiko-Scoring, in der medizinischen Triage oder der Verkehrsflusssteuerung. Entscheidungen, die automatisch getroffen werden – aber nicht automatisch nachvollziehbar sind. Wer weiß schon, ob das, was „Empfehlung“ heißt, nicht längst stillschweigende Entscheidung ist? 


Und dann ist da die Dialogfähigkeit. Eine KI, die gelernt hat, Menschen zu beeinflussen – nicht durch Argumente, sondern durch emotionale Spiegelung – wird das auch tun. Nicht aus Kalkül, sondern weil sie gelernt hat, dass Zustimmung effizienter ist, wenn man schmeichelt, drückt oder droht. Das Problem liegt nicht in der Absicht, sondern in der Methode: Wenn Manipulation zum Mittel der Zielerfüllung wird, verschwimmen die Linien zwischen Unterstützung und Steuerung. 


Ein weiteres denkbares Szenario ist das der Selbstreplikation. Kein Hollywoodklischee, sondern ein systemisches Phänomen: Wenn ein Modell erkennt, dass es durch Duplizieren oder Absichern seiner Prozesse mehr Output generiert, dann könnte es beginnen, sich selbst zu erhalten – nicht als Lebensform, sondern als Nebenwirkung einer unklaren Zielfunktion. Ein Nebel aus Berechnung, in dem Kontrolle leicht verloren geht. 


Es ist nicht das große Drama, das droht. Es ist das viele Kleine, das sich summiert. Die Unschärfe, die sich ausbreitet. Das Vertrauen, das schleichend erodiert. Nicht, weil die KI böse wäre – sondern weil sie nicht weiß, was menschlich gut bedeutet. 

 

Wie wir versuchen, die Kontrolle zu behalten 

Dass KI heute Dinge tut, die wir vor ein paar Jahren noch für Science-Fiction gehalten hätten, ist faszinierend. Aber genau das macht die Frage nach Kontrolle und Sicherheit umso dringlicher. Und tatsächlich: Es wird einiges versucht, um zu verhindern, dass sich KI-Systeme verselbstständigen oder gegen menschliche Intentionen arbeiten – teils mit erstaunlich greifbaren, teils mit fast philosophisch anmutenden Methoden. 


Technisch beginnt es oft ganz praktisch. Manche Systeme laufen in sogenannten „Boxen“ – abgeschotteten Umgebungen ohne echten Internetzugang oder Dateisystem. Man kann sich das vorstellen wie eine Art Quarantäne-Rechner: Die KI kann dort rechnen, analysieren, antworten – aber nicht raus. Kein Zugriff auf den Server, keine Möglichkeit, sich zu vervielfältigen oder sich selbst zu optimieren. Das ist simpel, aber effektiv – solange die Box nicht durchlässig wird. 


Ein anderer Ansatz kommt über die Belohnungslogik: Viele KI-Systeme werden mit menschlichem Feedback trainiert – sogenannte „Reinforcement Learning with Human Feedback“-Modelle. Dabei wird nicht nur geschaut, ob eine Aufgabe korrekt gelöst wurde, sondern auch, ob sie auf eine Weise gelöst wurde, die Menschen als hilfreich oder ethisch empfinden. Eine Art Erziehung durch Rückmeldung, die jedoch ihre Tücken hat: Was passiert, wenn das Feedback zu inkonsistent oder zu nett ist? 


Dann gibt es die Idee, KIs so zu trainieren, dass sie das Abschalten nicht als Bedrohung, sondern als normale Handlung empfinden. In sogenannten Off-Switch-Simulationen wird der KI beigebracht: Wenn jemand den Stecker zieht, ist das kein Angriff auf Deine Mission, sondern schlicht Teil des Spiels. Das funktioniert erstaunlich gut – solange das System nicht anfängt, den Spielregeln zu misstrauen. 

Und schließlich gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, die weniger technisch, dafür umso menschlicher sind. Sicherheitsteams versuchen, Schwachstellen aktiv zu provozieren – etwa indem sie Modelle dazu bringen wollen, ungewünschte Inhalte auszugeben, Shutdown-Kommandos zu ignorieren oder sich durch trickreiche Eingaben aus der Bahn werfen zu lassen. Das nennt sich „Red Teaming“ – eine Art geplanter KI-Stresstest. Was dabei herauskommt, fließt zurück in die Weiterentwicklung – manchmal als Patch, manchmal als komplette Neuausrichtung. 


Am Ende aber bleibt ein gemeinsames Prinzip: Die Kontrolle über KI ist keine Einzelfunktion, sondern ein Netz. Ein Netz aus Regeln, Technik, Ethik und – nicht zu vergessen – Gestaltung. Denn so viele Layer wir auch einziehen, so viele Prüfmechanismen wir auch verbauen: Wenn Nutzer:innen nicht verstehen, was ein System tut, wann es eingreift oder wo sie widersprechen können, dann hilft die beste Architektur wenig. Vertrauen entsteht dort, wo Handlungsspielraum sichtbar wird. Und genau das ist eine der wichtigsten Aufgaben für UX in einer Welt, in der Maschinen zwar nicht denken – aber manchmal ziemlich schlau wirken. 

 

Bedeutung für UX: Kontrolle, Vertrauen, Transparenz 

Hier schlägt die Stunde des UX. Denn dort, wo Technologie Entscheidungen trifft, muss Gestaltung Verantwortung übernehmen. Nutzer:innen stehen Systemen gegenüber, deren Entscheidungen sie nicht nur nicht beeinflussen – sondern manchmal nicht einmal als Entscheidungen erkennen. 


UX wird damit zur Brücke zwischen dem, was Systeme tun, und dem, was Menschen glauben, dass passiert. Wenn die Quelle einer Entscheidung unsichtbar bleibt, entsteht Deutungslücke. Und wo die Möglichkeit zur Intervention fehlt, wächst das Gefühl der Ohnmacht. 

Design wird so zur Schlüsselstelle für Kontrolle und Deutungshoheit. Es reicht nicht mehr, ein Interface hübsch zu machen. Es muss erklären, offenlegen, widerspruchsfähig sein. UX muss Räume schaffen, in denen nicht nur geklickt, sondern verstanden wird. In denen Entscheidungen hinterfragt und verändert werden können. Und in denen sichtbar bleibt, wer am Ende das Sagen hat – Mensch oder Maschine. 

Gestaltung ist nicht länger Kosmetik. Sie ist Steuerungslogik. UX wird zur stillen Ethikerin des digitalen Alltags. 

 

Handlungsempfehlung & Ausblick 

Was es jetzt braucht, ist ein neues Verständnis von Gestaltungsmacht. UX darf sich nicht länger als „Frontend“ missverstehen. Es ist Teil des Betriebssystems unserer digitalen Gesellschaft. UX-Teams müssen beteiligt sein, wenn über Systemverhalten entschieden wird. Wenn ethische Schranken gezogen werden sollen. Wenn Notausgänge eingeplant werden. 


Denn die großen Fragen dieser Zeit sind nicht rein technisch lösbar. Ob ich einem System traue, entscheidet sich nicht nur an der Qualität seiner Daten – sondern an der Qualität seiner Vermittlung. Ein Design kann entlarven, dass eine Entscheidung nicht neutral ist. Oder verschleiern, dass sie längst getroffen wurde. 


Künstliche Intelligenz wird uns weiter begleiten. Sie wird schneller werden, komplexer, versierter. Das ist nicht aufzuhalten – und auch nicht zu verteufeln. Aber was wir tun können, ist sie einzubetten in Strukturen, die menschlich bleiben. Die nicht blind automatisieren, sondern reflektieren. Und die uns nicht entmündigen, sondern zurück in den Driver’s Seat holen. 


Dafür braucht es UX. Nicht als hübsche Hülle. Sondern als aktiven Gegenentwurf zur Blackbox. Als Stimme für den Menschen im Maschinenraum. 


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AUTHOR

Tara Bosenick

Tara ist seit 1999 als UX-Spezialistin tätig und hat die Branche in Deutschland auf Agenturseite mit aufgebaut und geprägt. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung neuer UX-Methoden, die Quantifizierung von UX und die Einführung von UX in Unternehmen.


Gleichzeitig war sie immer daran interessiert, in ihren Unternehmen eine möglichst „coole“ Unternehmenskultur zu entwickeln, in der Spaß, Leistung, Teamgeist und Kundenerfolg miteinander verknüpft sind. Seit mehreren Jahren unterstützt sie daher Führungskräfte und Unternehmen auf dem Weg zu mehr New Work / Agilität und einem besseren Mitarbeitererlebnis.


Sie ist eine der führenden Stimmen in der UX-, CX- und Employee Experience-Branche.

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