
UX, BACKSTORY
Folge 3: Vom Konzern zurück zur Freiheit: Wie aus Frust die Idee zu ReSight entstand
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27. Juni 2025
„Innen wie außen“ – Eine Podcastreihe über Veränderung, Verantwortung und Selbstfindung
Tara Maria Bosenick ist nicht nur eine der Gründerinnen von ReSight Global und uintent, sondern auch langjährige Treiberin der UX-Branche in Deutschland. Ihre persönliche Geschichte ist eng verknüpft mit der Entwicklung unseres Unternehmens – von den Anfängen als SirValUse über die Zeit bei der GfK bis hin zur Neugründung von uintent. Mit dieser Podcast-Spezialreihe öffnet Tara ihr privates und berufliches Archiv: Sie erzählt von Erfolgen und Zweifeln, von Verdrängung und Veränderung, von unternehmerischen Wendepunkten und ihrer Transition zur Frau.Diese Geschichten sind persönlich – und gleichzeitig auch Geschichten von Wandel, Mut und Neuanfang. Sie zeigen, wie Identität und Unternehmertum miteinander verflochten sind – und wie beides wachsen kann.
Nach dem Verkauf von SirValUse an die GfK beginnt eine neue Phase. Tim, der Unternehmer, wird nun Teil eines Konzerns – und erlebt die Vorteile, aber auch die Schattenseiten eines großen Systems. Gleichzeitig wächst der Wunsch nach Veränderung, beruflich wie persönlich. Und aus dieser inneren Spannung heraus entsteht etwas Neues: ReSight Global – und später auch uintent.
Von Hamburg nach Chicago und zurück: UX wird global
Die ersten Jahre bei der GfK verlaufen vielversprechend. Die Integration von SirValUse gelingt zunächst gut, das Team bleibt stabil. Tim treibt die Internationalisierung der UX-Einheit voran, mit Standorten in den USA, China, Japan, Russland und England. Was vorher als Netzwerk gedacht war, wird nun zu einer globalen Organisation.
Der Austausch mit Partnern wie User Centric führt zu neuen Kontakten und Ideen. Gemeinsam wird der weltweite UX-Verbund „UX Alliance“ ins Leben gerufen. Eine Vision wird greifbar: UX Research aus einer Hand, weltweit – und zwar nicht als lose Kooperation, sondern als schlagkräftige Einheit.
Prozesse, die alles verlangsamen: Wenn die Organisation zum Hindernis wird
Doch mit der Mehrheitsübernahme durch die GfK ändert sich der Kurs. Zentrale Prozesse aus Nürnberg ersetzen die pragmatischen Strukturen aus Hamburg. Stundenabrechnung? Fehlanzeige. Reiseplanung? Umständlich. Entscheidungen? Langwierig.
Der Frust wächst – nicht nur bei Tim, sondern auch im Team. Während Kundenprojekte immer internationaler werden, nimmt die interne Bewegungsfreiheit ab. „Was früher in zwei Tagen entschieden war, dauerte plötzlich Wochen“, erinnert sich Tara. Für jemanden, der Probleme gern schnell und direkt löst, wird das zur echten Belastung.
Der Körper zieht die Reißleine: Burnout als Wendepunkt
2014 kommt es zum Zusammenbruch. Ein Tinnitus kündigt an, was Tim lange verdrängt hat: Es geht so nicht weiter. Nach 14 Jahren ohne Krankheitstag folgt eine Krankschreibung, ein Klinikaufenthalt – und erstmals der Versuch, Dinge wirklich zu hinterfragen.
Der Rückzug führt nicht zur Ruhe, sondern bringt andere Themen an die Oberfläche. Auch wenn das Wissen um die eigene Transidentität noch Jahre entfernt ist – die Vorboten werden sichtbarer. Verkleidungen auf Geschäftsreisen, Käufe von Frauenschuhen, der ständige innere Druck. Nur: Tim hat dafür noch keine Worte. Noch nicht.
Neuseeland, Selbstzweifel und ein neuer Anfang
Ein Sabbatical in Neuseeland bringt Erholung, Abstand – aber keine vollständige Klarheit. Die Selbstverletzung kehrt zurück, trotz Therapie und Naturidylle. Das Gefühl bleibt: „Irgendwas stimmt nicht.“ Und wieder hilft Arbeit, um weiterzumachen.
Zurück in Hamburg folgt eine neue Rolle bei der GfK – mit viel Frust, aber auch der Erkenntnis: So kann es nicht weitergehen. Tim kündigt – diesmal endgültig – und findet sich plötzlich in der Verantwortung, etwas ganz Neues zu schaffen.
Resight Global: Die Wiedergeburt einer Idee
Gemeinsam mit früheren Weggefährten aus den USA und Deutschland entsteht ReSight Global. Das Ziel: eine internationale UX-Struktur, ohne Konzernlogik – aber mit globalem Anspruch. Keine schwerfälligen Prozesse, keine endlosen Freigaben. Sondern Vertrauen, Nähe und lokale Verantwortung.
Mit uintent entsteht die deutsche Tochter, mit einer besonderen Struktur: 49 % der Anteile gehören einer Genossenschaft, die Mitarbeitende beteiligt. Eine Rückkehr zu alten Werten – aber neu gedacht.
Und während im Business vieles wieder Sinn ergibt, rumort es innerlich weiter. Noch ist Tara nicht sichtbar – aber die Bedingungen, unter denen sie sich zeigen kann, wachsen langsam heran.
Podcast hören: Vom Konzernfrust zur Neugründung
Diese Folge von beyond your business erzählt, wie aus wachsendem Frust und einem Burnout eine neue internationale UX-Holding entstand – und wie alte Muster langsam bröckelten, lange bevor das Coming-out begann.
🎧 Zur Folge: Spezialfolge 3 – Konzern, Krise & Konsequenzen